Umfrage: Gute Noten für die Bundeswehr, aber bitte keine Anwendung von Gewalt

Die Bundeswehr hat ihre jährliche Umfrage zur Einstellung der Bundesbürger zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik veröffentlicht – und viele Ergebnisse sind mit differenziert noch freundlich umschrieben. Denn jenseits der – stabilen – Zustimmung zu den Streitkräften zeigt sich vor allem eines: Die Instrumente, die der Politik für ihre Außen- und Sicherheitspolitik zur Verfügung stehen, werden bisweilen geradezu paradox bewertet.

Für die Studie hatte das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) zwischen dem 25. Mai und dem 30. Juni dieses Jahres 2.474 Bürger ab 16 Jahren als repräsentativen Querschnitt befragt. Eine Grundtendenz, die sich dabei herausstellte:

Hinsichtlich ihrer außenpolitischen Grundorientierungen sind die Bundesbürger als anti-militaristisch, anti-atlantizistisch und multilateralistisch zu charakterisieren, d.h. sie glauben nicht an militärische Gewalt als effektives oder moralisch angemessenes Mittel der Außenpolitik, sprechen sich eindeutig für eine Zusammenarbeit mit befreundeten Staaten und Bündnispartnern aus und wünschen sich eine außenpolitische Emanzipation von den USA. Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger spricht sich außerdem für die parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte aus und unterstützt den Parlamentsvorbehalt des Deutschen Bundestags bei der Entsendung der Bundeswehr in Auslandseinsätze.

Das ist nicht immer alles unter einen Hut zu bringen, wie sich vor allem bei der Antwort auf die Frage zeigt, welche Mittel Deutschland in seiner Außen- und Sicherheitspolitik bevorzugt einsetzen sollte. Wenig überraschend stehen dabei diplomatische Bemühungen, Rüstungskontrolle und Entwicklungshilfe an erster Stelle. Weit weniger eindeutig wird es aber, wenn es um die Streitkräfte geht:

Diese Antworten bringen die ZMSBw-Autoren auf die Formel:

Umstritten bzw. ohne mehrheitliche Zustimmung sind die Aufnahme von Flüchtlingen, Waffenlieferungen an befreundete Staaten und Kampfeinsätze der Bundeswehr als potenzielle Mittel der Außenpolitik. Ausbildungs- und Stabilisierungseinsätze der Bundeswehr werden aber von einer großen Mehrheit befürwortet. Demzufolge lehnt die Bevölkerung das Militär als Mittel der Außenpolitik nicht prinzipiell ab, sondern lediglich die Anwendung von Gewalt.

Da ist sie, die merkwürdige Differenzierung: Auch Stabilisierungseinsätze der Bundeswehr können mit der Anwendung von Gewalt verbunden sein – das Militär als Mittel der Außenpolitik prinzipiell zu befürworten, aber lediglich die Anwendung von Gewalt abzulehnen, ist ein Widerspruch in sich. Den der Einsatz von Streitkräften dient eben dazu, auch die Anwendung von Gewalt zu ermöglichen, sonst wären keine Streitkräfte nötig.

Vielleicht hängt dieses etwas schräge Bild aber auch mit einer gespaltenen Wahrnehmung zusammen. Denn bei der Frage nach den Aufgabenbereichen der Bundeswehr sieht die zusammengefasste Meinung so aus:

Die größte Zustimmung erhalten die Aufgabenbereiche, die sich durch einen direkten Bezug zur Sicherheit Deutschlands (Landesverteidigung) oder deutscher Staatsbürger (Evakuierungen) auszeichnen, eine humanitäre Basis haben (Einsatz bei Naturkatastrophen, Verhinderung von Völkermord) oder dem Schutz und der Verteidigung von Bündnispartnern sowie der Terrorbekämpfung dienen.

Dagegen ist der Informationsstand genau umgekehrt:

Die Bevölkerungsmehrheit hat von allen abgefragten Auslandseinsätzen der Bundeswehr wenigstens schon einmal etwas gehört oder gelesen. Doch nur wenige kennen zumindest einige Fakten. Viele wissen nichts Konkretes über die Einsätze. Die bekanntesten Einsätze der Bundeswehr sind der Anti-Terror-Einsatz in Syrien zur Be- kämpfung des sogenannten Islamischen Staates, die auslaufende KFOR-Mission im Kosovo und der Einsatz Resolute Support in Afghanistan. Am wenigsten bekannt sind die Maßnahmen der Bündnisverteidigung im Baltikum, obwohl sich der Kenntnisstand gegenüber dem Vorjahr leicht verbessert hat.

Also die Verteidigungsaufgaben, die als wichtigste Aufgabe der Bundeswehr angesehen werden, sind auch die unbekanntesten – siehe die Angaben insbesondere zur NATO-Mission in Litauen, also den Maßnahmen der Bündnisverteidigung.

Allerdings stehen militärische Bedrohungen Deutschlands für die Befragten längst nicht an erster Stelle der Risiken:

Die Bürgerinnen und Bürger fühlen sich primär durch eine Mischung aus ökologischen (Klimawandel), ökonomischen (Inflation) und innenpolitischen (Zuwanderung) Risikofaktoren in ihrer persönlichen Sicherheit bedroht. Während in den letzten Jahren die Zuwanderung nach Deutschland am häufigsten als Bedrohungsfaktor genannt wurde, ist es nun der weltweite Klimawandel. Insgesamt hat die Sorge vor ökologischen Risiken deutlich zugenommen, während die Angst vor der Zuwanderung und assoziierten Risiken abgenommen hat. Außenpolitische Faktoren werden insgesamt als geringste Bedrohung für die persönliche Sicherheit empfunden.

Da ist dann der letzte Satz der Entscheidende.

Die komplette, 226 Seiten umfassende Studie Sicherheits- und verteidigungspolitisches Meinungsbild in der Bundesrepublik Deutschland – Ergebnisse und Analysen der Bevölkerungsbefragung 2019 gibt es hier zum Herunterladen.

(Da die Webseite des ZMSBw noch nicht wie die anderen Bundeswehr-Webseiten einem Relaunch unterzogen wurde und der wohl noch bevorsteht, vorsorglich auch hier als pdf:
Bericht Bevölkerungsumfrage ZMSBw 2019)

(Foto: Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn, r., beim Besuch der NATO-Battlegroup in Rukla/Litauen am 17.12.2019; im Gespräch mit der Besatzung eines Schützenpanzers Marder und Battlegroup-Kommandeur Oberstleutnant Rouven Habel, l.)

42 Gedanken zu „Umfrage: Gute Noten für die Bundeswehr, aber bitte keine Anwendung von Gewalt

  1. Seltsam, dass man einerseits Völkermord verhindern möchte, aber Anwendung von Gewalt ablehnt.
    Leider schlägt sich dies auch in den Beschaffungen nieder.

    Stichwort Drohnen ohne Waffen, Kampfhubschrauber Tiger ohne Bordkanone, dafür mit Aufklärungsausrüstung an der Unterseite.

  2. @BG

    Bzgl. TIGER: auf die Bordkanone (Bugturm) wurde bewußt aus Sicherheitsgründen (Aufschlag auf den Boden schiebt Waffengondel in die Zelle) verzichtet. So wurde mir das ‚mal erklärt.

  3. Das ist genau das Meinungsbild das ich auch wahrnehme. Der Großteil der deutschen möchte eine Armee zur Landesverteidigung und außenpolitisch ein Verhalten alla Schweiz.

    Zum Tiger: der wird ja von einigen EU bzw Natostaaten mit einer Schwenkbaren Bordkanone genutzt die werden das also irgendwie gelöst haben. Für mich abolut unverständlich wie ein Kampfhubschrauber der zur Unterstützung von Bodenkräften gedacht ist auf so eine essentiell wichtige Waffenanlage verzichten kann.

  4. @Thomas Melber
    Irres Argument, pardon.
    Die FRA Tiger mit BMK pflegen diese Sorge nicht?

  5. Bis auf die letzten beiden Punkte klingt es sehr logisch.

    Zusammengefasst:

    Man wünscht sich eine Verteidigungsarmee, die sich von den USA emanzipiert.

  6. Die Ergebnisse sind nicht widersprüchlich. Die Fragen zum Einsatz von Instrumenten und Mitteln wurden losgelöst von Fragen zum Zweck des Einsatzes. So wird jeder Befragte bspw. bei der Frage, ob Anwendung von militärischer Gewalt für legitim gehalten wird, eine andere Lage gedanklich zu Grunde gelegt haben.

    Man müsste hingegen die Fragen nach dem Einsatz der Mittel differenziert nach dem jeweiligen Zweck stellen. Die Ergebnisse sind daher nur scheinbar widersprüchlich.

  7. Die Frage Kampfeinsätze der Bundeswehr – ist mit dem Einsatz militärischer Gewalt zur Zielerreichung verbunden. Das dies in verschiedenster Intensität erfolgen kann wird den wenigsten Befragten bekannt sein, wie auch? Diese Befragung zeigt in ihrer Fragestellung das bereits bekannte Bild, es wird sich nur am Rande mit dem Instrument Militär in DEU auseinander gesetzt, die falschen Fragen gestellt oder gar komplett ausgeblendet was der Einsatz jenseits von Soft Skills bewirken kann.
    Ich bin mir sicher das uns diese Vogel-Strauß-Methode in den nächsten zwei Jahrzehnten durch kommende Ereignisse aberzogen wird, eine Unterstützung FRA in der Sahelzone wird das bereits zeigen…

  8. Die Befragten haben eine fragmentierte Wahrnehmung der Realität. Die Bundeswehr ist auf die Unterstützung der Verbündeten, und das sind in erster Linie die USA, angewiesen. Das Bild der Befragten von der Bundeswehr und ihrer Möglichkeiten entspricht einem Wunschdenken. Bei persönlicher Bedrohung denken möglicherweise die Befragten an konventionelle Konflikte. Ihnen scheint nicht klar zu sein, dass eine Auseinandersetzung auch wirtschaftlich (Seidenstrasse) und im Cyberraum aktuell bereits in Deutschland geführt wird.

    Ausserdem scheint bei den Befragten teilweise nicht im Bewusstsein zu sein, dass wir uns nachwievor in einer Wertegemeinschaft mit den USA befinden. Vielleicht wäre das Bild anders ausgefallen, wenn man danach gefragt hätte, ob ihnen Russland als befreundete militärische (Schutz-)Macht lieber wäre.
    Man kann nur hoffen, daß den Befragten wenigstens noch die Annektionder Krim durch Russland in Erinnerung ist und der Krieg an der ukrainischen Ostgrenze im Gedächtnis sind. Die Art der Fragestellung ist wichtig und daher scheint mir das Ergebnis der Umfrage nicht eindeutig.

    Einiges spricht dafür, dass die Deutschen nach wie vor eher mit sich beschäftigt sind und was um uns herum geschieht, nicht in gleicher Weise intensiv wahrnehmen. Wir leben dazu in einer pazifistischen Gesellschaft. Diese ist Gewalt entwöhnt und wird daher ein leichtes Opfer von weniger skrupulösen Tätern im Innern wie im Äußeren. Bleibt zu hoffen, dass Deutschland rechtzeitig aus dem Dornröschenschlaf erwacht und uns ein Jena und Auerstädt erspart bleibt.

  9. Die Umfrageergebnisse waren zu erwarten. Solange es der Bundesregierung, der Bundeswehr oder wem auch immer nicht gelingt, dieses öffentliche Meinungsbild zu ändern, brauchen wir uns über eine Erhöhung des Verteidigungshaushaltes (Stichwort 2%) nicht zu unterhalten. Und wir brauchen uns auch nicht zu wundern, dass mit dem Thema Verteidigung keine Wahlen gewonnen werden. Und wenn mit diesem Thema keine Wahlen zu gewinnen sind, dann verbrennt sich auch keiner den Mund mit diesem Thema. Irgendwie schließt sich der Kreis.
    Ich habe dies ja schon mehrfach geschrieben.

  10. Ich fürchte die deutsche Gesellschaft ist sicherheitspolitisch zu naiv. Der Mensch ist des Menschen Wolf und daran wird sich auch nichts ändern. Eher das Gegenteil: Je mehr Menschen auf dem Planeten leben, desto schlimmer wird es werden.

  11. „Der Realist sagt: 18.12.2019 um 14:26 Uhr
    Bis auf die letzten beiden Punkte klingt es sehr logisch.
    Zusammengefasst:
    Man wünscht sich eine Verteidigungsarmee, die sich von den USA emanzipiert.“

    Aber die Ausgaben für eine effektive Verteidigung, die möchte man nicht tätigen.

  12. @Christian Bühring

    „… in einer Wertegemeinschaft mit den USA …“

    Allerdings belasten die USA das Verhältnis derzeit leider sehr stark (Ignorieren des Völkerrechts, wirtschaftliche Sanktionen ggü. EU und DEU).

  13. @ Trevor Faith
    „Aber die Ausgaben für eine effektive Verteidigung, die möchte man nicht tätigen.“

    Das glaube ich nicht. Man möchte nur möglichst wenig Geld für internationale Einsatze ohne wirkliches Mandat ausgeben… ;-)

    @ christian Bühring
    „Die Bundeswehr ist auf die Unterstützung der Verbündeten, und das sind in erster Linie die USA, angewiesen.“

    Auf die Verbündeten, die aktuell gerne gegen uns schießen und versuchen, uns dauerhaft unter Druck zu setzen? Siehe Pipeline-Sanktionen…

  14. Die eigentliche Schwierigkeit mit dem durch die Umfrage vermittelten Lagebild scheint mir in der Fragestellung zu liegen. Vielleicht hatte auch das ZMSBw keine rechte Vorstellung davon, was es für die Zwecke von BMVg/Bw zu ermitteln galt und wie das zu erreichen ist. Jedenfalls ist das Studienergebnis nicht neu und mit der Wiederholung früherer Methodik für die Leitung/Führung kaum von Nutzen. Die noch zu erwartende journalistische Nutzung der Umfrage könnte zur weiteren Vertiefung von sicherheits- und verteidigungspolitischen Missverständnissen beitragen.

  15. @ Trevor Faith sagt:
    18.12.2019 um 16:10 Uhr

    Nicht Bürger beschimpfen. Jammern abstellen und Bericht lesen. Kapitel 9: “ Damit ist seit dem Jahr 2015 immer noch eine deutliche Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger für eine Erhöhung der Ausgaben für Verteidigung oder wenigstens die Erhaltung des Status quo.”

  16. @T.W.:
    Danke für das Aufzeigen der wesentlichen Punkte und der Widersprüche.

    @all
    Der Wesenskern von Streitkräften wird eben nicht mehr wirklich verstanden. In der Gesellschaft, in der Politik und teilweise auch innerhalb der Streitkräfte. Das Jahr 2014 (Ukraine und IS) hat offenbar auch nicht zu einer wirklich breiten Auseinandersetzung mit den Themen geführt.

    Ohne echten Willen in Politik und Gesellschaft kann man laut Clausewitz auch nicht gewinnen.

    Im politischen Alltag wird man sehen wie diese Negierung der Rolle von Gewaltandrohung und – anwendung in der Sicherheits- und Innenpolitik sich weiter auswirkt.

    Die französischen Wünsche nach einer breiteren Unterstützung in der Sahelzone (einschließlich „Kampfeinsatz“ bei EUTM und Spezialkräfte bei Barkhane) und die weiterhin faktenferne Diskussion um bewaffnete Drohnen werden da wohl nur die nächsten Kapitel.

    Aber selbst bei diesen deutlich konkreteren Themen traut sich nicht wirklich jemand konsequent aus der Deckung.

    So schummelt man sich in den Parteien (wegen solcher Umfragen) weiter durch und versucht gar nicht die öffentliche Meinung zu prägen. Dies wird man dann wahrscheinlich auch am nächsten Haushalt ablesen können.

    Die Bewaffnung des Tigers und die Diskussion hierzu ist dagegen nun wirklich irrelevant, da es nicht die Politik war die gegen die Kanone war, sondern das Heer hatte andere Prioritäten im Gesamtsystem.

  17. @Gen42

    Üblicherweise lautet doch der Auftrag der Leitung/Führung: „Ich will wissen …“. Wenn das der Bedarfsträger selbst nicht weiß wird es natürlich schwierig. Daß es bei Änderung der Fragestellung zu Problemen mit der Vergleichbarkeit historischer Ergebnisse kommt liegt in der Natur der Sache, ist aber hinzunehmen, wenn man nun einen brauchbaren Fragenkatalog hat.

  18. „Demzufolge lehnt die Bevölkerung das Militär als Mittel der Außenpolitik nicht prinzipiell ab, sondern lediglich die Anwendung von Gewalt.“

    -Ich habe den betreffenden Teil der Studie gelesen und ich wundere mich, dass die Autoren zu diesem „wording“ als Schlußfolgerung kommen. In meinen Augen ist diese Bewertung jedenfalls nicht abzuleiten aus den Antworten auf die gestellten Fragen.
    – Die Begrifflichkeit „Anwendung von Gewalt“ kommt in den Fragen schlicht nicht vor. Woraus wird angeleietet, dass die befragten Bürger diese Einstellung haben?
    – Im Text der Studie steht zusätzlich die folgende Schlußfolgerung, die ich für erheblich stimmiger – gmessen an den Fragen- halte:

    „Demzufolge stimmt eine Mehrheit der Bevölkerung dem Einsatz der Bundeswehr als Mittel der Außenpolitik bei Stabilisierungs- und Ausbildungseinsätzen zu, lediglich die Teilnahme an Kampfeinsätzen wird von einer deutlichen Mehrheit abgelehnt.“

    – Dies läßt sich in der Tat auf Grund der Befragungsergebnisse feststellen.
    – Damit wäre der angebliche Widerspruch, der postuliert wurde, nicht eine Fehlwahrnehmung der befragten Bürger, sondern der Verfasser der Studie, die in die Antworten etwas hineininterpretiert haben, was aus den Fragen und Antworten meines Erachtens nicht abzuleiten ist.

  19. @Trevor Faith
    „Ich fürchte die deutsche Gesellschaft ist sicherheitspolitisch zu naiv.“

    – Ihr glaube nicht, dass die deutsche Gesellschaft „sicherheitspolitisch naiv“ ist, sondern eher „militärisch zurückhaltend“, und das aus gutem Grund.
    – Diese militärische Zurückhaltung ist zurück zu führen auf die zwei verheerende Kriege, die die deutsche Bevölkerung im letzten Jahrhundert erlebt hat. Wir haben keinen Bedarf für neue militärische Abenteuer außerhalb von Verteidigung.
    – „Sicherheitspolitisch naiv“ sind meines Erachtens diejenigen, die glauben, man könne im 21. Jahrhundert „ungestraft“ weltweit (Angriffs)Kriege führen ohne das eigene Territorium und seine Bewohner zu gefährden.
    – Diese „sicherheitspolitische Naivität“ ist insbesondere in den Staaten anzutreffen, wo die Bevölkerung seit Jahrhunderten Kriege immer nur auf fremdem Boden geführt hat und das eigene Territorium nicht, oder nur geringfügig, betroffen war.
    – Den Deutschen (zumindest den Älteren) sollte man nicht erzählen, sie wüßten nicht wie schrecklich Krieg sein kann und seien diesbezüglich „naiv“.

  20. @RA Sebastian Böhme
    „So wird jeder Befragte … eine andere Lage gedanklich zu Grunde gelegt haben“
    Da Sie sämtliche „2.474 Bürger ab 16 Jahren“ hinsichtlich jeweiliger Gedankenwelt nicht befragt haben, stochern Sie erheblich im Ungefähren.
    Weil „Fragen nach dem Einsatz der Mittel differenziert nach dem jeweiligen Zweck“ zunächst in de Praxis nicht gestellt werden können, abgesehen davon, ob der sicherheitspolitische Aspekt und verbunden damit der Einsatzzweck nachvollzogen werden könnte, bleibt die Unmöglichkeit zu künftigen Einsätzen Ableitungen herzustellen.
    Obige Feststellung des „geradezu paradox bewertet“ treffen daher umfassend zu. Das Paradoxe beweist sich in der Inkonsequenz zu einerseits Existenz deutscher Streitkräfte und der gleichzeitigen Ablehnung ihrer Verwendung jenseits von LV/BV obwohl im Grundsatz durch Karlsruhe als verfassungsgemäß gewertet sowie in jedem Einzelfall dem Parlamentsvorbehalt unterliegend.

    @EvilGerman / Thomas Meiner
    Nochmals TIGER (DEU) mit MG 12,7 mm und TIGER (FRA) mit 30 mm MK von GIAT.
    Wesentliches Stichwort dazu stellt der (deutsche) Begriff Stabilisierungsoperation dar. Im selben Atemzug muss die Fregatte F-125 genannt werden, die Abschaffung der HFlaTr sowie der PzJgTr.
    Mit Stabilisierungsoperationen (StabOp) als Hauptzweck von Streitkräften reichen eben auch Wirkmittel, die Kampf im Sinne LV/BV nicht leisten können müssen, dann reicht eben auch ein Alibi-Maschinengewehr.
    StabOp stellen DEN (!) Sündenfall der Rüstungshistorie der Nach-Wende der, der sich bis heute auswirkt.
    Ablesbar am ursprünglich DEU gewählten Begriff Unterstützungshubschrauber (UHT) in einer Mehrzweckversion, während Frankreich einen vin vorne herein einen Kampfhubschrauber wollte mit entsprechenden Merkmalen wie der 30mm MK aber auch Zusatzpanzerung, … – mehr dazu wäre O.T., – wird dies beispielhaft deutlich.

  21. @Realist („Man möchte nur möglichst wenig Geld für internationale Einsatze ohne wirkliches Mandat ausgeben… ;-) „) Diese Ansicht halte ich (Verzeihung) für völlig unrealistisch. Das Geld tut für sich genommen gar nicht weh. Da sind meiner (zugegeben etwas böswilligen) Ansicht nach zwei andere Knackpunkte:
    1) Das Zeux auf dem Kasernenhof soll wenigstens funktionieren: „Wir sind schließlich Exportweltmeister und die tollsten Maschinenbauer der Welt. Also: Seht zu, dass ihr (Piepels in Flecktarn) euer Ding endlich hinbekommt. Wir müssen am Ende ja auch alle immer unsere Kundschaft im Blick haben. Das ist nicht nur ein Problem des Vertriebs. Da muss die ganze Mannschaft dahinter stehen.“
    2) Der Rüstungskrempel darf niemals benutzt werden außer zum Üben. Niemals. Unter keinen Umständen: „Wir haben schließlich nach 1945 unsere Lektion gelernt und sind friedliches Volk.“
    Solange diese Bedingungen abgesichert sind, liegen alle politischen Voraussetzungen für einen ordentlich ausfinanzierten EP 14 vor.

  22. @Thomas Melber,16:34: Wer hat Trump 2016 doch gleich einen Haßprediger genannt? Vorsicht, wenn man im Glashaus sitzt….. DEU hat da seinen Teil dazu beigetragen.
    @christian Bühring,  „Bleibt zu hoffen, dass Deutschland rechtzeitig aus dem Dornröschenschlaf erwacht und uns ein Jena und Auerstädt erspart bleibt.“ => Nein, wird es nicht.

  23. Ich stelle mir die Frage inwieweit eine Analyse einer solchen Umfrage verwertbare und relevante Aussagen produzieren kann, wenn Teile (wie groß auch immer) der Befragten deutliche Wissenslücken bezüglich des Themas aufweisen. Die Daten die man dadurch gewinnt sind doch automatisch invalide, weil verzerrt, nicht vergleichbar,…

    Ich bin immer wieder erstaunt auf welcher Datenbasis Geisteswissenschaftler Analysen betreiben und daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten versuchen.

    Dabei kritisiere ich nicht die Methode, oder stelle in Frage, dass da unsauber gearbeitet wurde. Ich habe jedoch die Befürchtung, dass diese Umfrage über alle Parteigrenzen hinweg dazu genutzt werden wird, um eigenes politisches Handeln zu begründen.

    Dabei wäre doch die einzig logische Habdlungsempfehlung aus dieser Studie, dass die sicherheitspolitische Bildung der Bevölkerung verbessert werden muss. Wer im Jahre 2019 nicht weiß, dass deutsche Soldaten an der NATO Ostflanke stationiert sind, hat sein Recht verwirkt, dass seiner Meinung zu diesem Sachverhalt irgendeine Bedeutung beigemessen wird.

    Um es überspitzt zu sagen: Welchen Wert hat es sich mit Blinden über Farben zu unterhalten?

  24. @ Pete sagt: 18.12.2019 um 18:48 Uhr

    „Diese militärische Zurückhaltung ist zurück zu führen auf die zwei verheerende Kriege, die die deutsche Bevölkerung im letzten Jahrhundert erlebt hat. Wir haben keinen Bedarf für neue militärische Abenteuer außerhalb von Verteidigung.“

    Mit Verlaub, das ist eine Behauptung, die wenn überhaupt, dann doch ein wenig zu kurz greift.

    Denn erstens, es gibt kaum noch deutsche Bevölkerung die WK I und II selbst erlebt hat. Und die These, dass Kinder von Fehlern der Eltern lernen ist erst einmal zu belegen.

    Zum Thema Affinität bzw. Abneigung der Deutschen Bevölkerung gab es interessante Diskussionen in einer der Phönix Runden vor wenigen Wochen (an der General a.D. Vad teilgenommen hat). Dort hat, wenn ich mich richtig erinnere ein Journalist die These vertreten, dass die Bevölkerung dem Sachverhalt (Mehr Verantwortung übernehmen und Interessen robuster vertreten) deutlich offen gegenübersteht als es das politische Berlin tut bzw. es medial abgebildet wird. Ob nun sein Lagebild allumfassend ist kann ich nicht beurteilen, ich kann jedoch zumindest für meine „Blase“ sagen, dass seine Analyse deutlich Mehr Realitätsnähe aufweist, als Ihre Analyse.

    Unterm Strich ist es doch so, dass das „wir haben zwei Weltkriege angezettelt“ Argument als „Nazikeule“ geschwungen wird um jedwede Diskussion pro und contra aktive Sicherheitspolitik zu unterdrücken.
    Die Realität ist doch die, unsere Verbündeten und Nachbarn lassen keine Möglichkeit aus, nach einer aktiveren Rolle der Bundesrepublik in der Sicherheitspolitik, zu fordern. Und paradoxerweise sind es genau die Verbündeten , die am meisten unter den Nazis gelitten haben.
    Auch große Teile der Bevölkerung haben mittlerweile mitgekriegt, dass in der uns umgebenen Welt deutlich mehr Brandherde am lodern sind, als USA, Frankreich und Co. zu löschen im Stande sind. Man hat auch festgestellt, dass ein Beobachten von der Seitenlinie einen nicht von den negativen Konsequenzen bewahrt, es verwehrt einem aber die Option aktiv in das Geschehen einzugreifen.

    Ich finde gerade Syrien hat es beispielhaft gezeigt. Wenn ein Machtvakuum nicht durch eine westliche Macht gefüllt wird, kommt halt eine östliche. Und das Machtvakuum wird mit dem Fokuswechsel der Amerikaner in den letzten 10 Jahren, weniger Atlantik, Europa und naher Osten und mehr Pazifik und Asien, nicht weniger. Wenn wir nicht wollen, das dieses Vakkuum durch autoritäre Regime besetzt wird müssen es die westlich geprägten europäischen Staaten besetzten. Und da hat Deutschland mit einem Fünftel (UK bereits rausgerechnet) der Bevölkerung der EU eben auch die Hauptlast zu tragen, ob wir es wollen oder nicht.

  25. @Wa-Ge

    Ähm, Entschuldigung.
    Eine Umfrage, die einen repräsentativen Querschnitt befragt hat eine Aussage.
    Nämlich, dass die Bevölkerung genau so denkt wie angegeben.
    Was sie fordern ist ja das genaue Gegenteil:
    Nur die befragen, die sich auskennen mit der Materie. Das hat zwar den Vorteil, dass sie dann ganz tolle Antworten bekommen (toll im Sinne von „gut überlegt und abgewogen“), aber sie können leider mit dieser Umfrage nicht auf die Gesamtbevölkerung hochrechnen.
    Denn die Gesamtbevölkerung kennt sich fast nie mit Detailfragen aus.

    Bei dieser Umfrage ging es nicht um ein Ergebnis wie der Staat handeln sollte (also nicht eine Art von Volksentscheid), sondern ein Meinungsbild der Bevölkerung. Das ist etwas völlig anderes.
    Recht haben sie allerdings mit der sicherheitspolitischen Bildung. Da muss was getan werden.

  26. Wa-Ge, ich sehe das durchaus ähnlich wie Sie, ich würde den Otto Normalo, der nicht sehr in Sicherheitspolitik interessiert ist, nicht als „Blinden“ umschreiben wollen, sondern eher als das Produkt einer Jahrzehnte langen (radikal?) pazifistischen Ausrichtung in der politischen Meinungsbildung, die nun dazu geführt hat, dass mittlerweile für einfachste sicherheitspolitische Sachzusammenhängen innerhalb der Mehrheitsgesellschaft überhaupt keine Sensibilität mehr vorhanden scheint.
    Es bleibt ein langer Weg zu gehen, der seit 2015 eingeschlagene, u.a. mit den diversen Trendwenden begleitet durch den Ausbau der Öffentlichkeitsarbeit muss konsequent fortgeführt werden.
    Für die absolute Notwendigkeit, des weiter noch “ viel mehr erklären müssen“ kann dieses Studienergebnis auch beitragen

  27. Interessant finde ich ja, dass laut Zusammenfassung der Studie „Außenpolitische Faktoren […] insgesamt als geringste Bedrohung für die persönliche Sicherheit empfunden [werden]“, man aber vorher konstatiert „die Bürgerinnen und Bürger fühlen sich primär durch eine Mischung aus ökologischen (Klimawandel), ökonomischen (Inflation) und innenpolitischen (Zuwanderung) Risikofaktoren in ihrer persönlichen Sicherheit bedroht.“

    Also mindestens Zuwanderung sehe ich – so lange sie noch „in Bewegung“ und damit außerhalb des eigenen Staatsgebietes ist, als eine Sache mitgroßem außenpolitischen Bezug.
    Klimawandel ist etwas, was nur international gemeinsam (=außenpolitisches Handlungsfeld!) gelöst werden kann.
    Ökonomie obliegt dem globalen Markt – Außenpolitik ist hier ein wichtiger Faktor!

    Kurz und gut, ich fühle die Neigung in mir aufsteigen, das (fälschlicherweise Winston Churchill zugeordnete) Zitat zu bringen:

    „Das beste Argument gegen Demokratie ist ein fünfminütiges Gespräch mit dem durchschnittlichen Wähler.“

    Ich weiß, „Wählerbashing“ ist nicht cool, aber was soll man da noch sagen?

  28. @ Pete

    Stimme Ihnen zu. Die Studie erscheint mir dabei teilweise etwas undifferenziert. Bei der recht pauschale Frage betreffend Zustimmung zu Kampfeinsätzen ist doch auch völlig klar, dass diese pauschal eher ablehnend beantwortet wird. Die deutsche Gesellschaft ist zum Glück nicht militaristisch – obwohl einige Kommentatoren sich dies offenbar wünschen würden. Hätte man beispielbezogen gefragt, in der Art „Denken Sie, dass ich die Bundeswehr zum Beispiel zur Verhinderung von Völkermord in letzter Konsequenz auch an Kampfeinsetzen beteiligen soll?“ „ Denken Sie, dass sich die Bundeswehr in Staaten auf deren Bitten hin bei der Bekämpfung von Terroristen oder verbrecherischen Milizen an Kampfeinsätzen in letzter Konsequenz beteiligen soll?“ könnte ein sehr anderes Umfrageergebnis herauskommen. Weiss nur keiner, wurde halt nicht gefragt.

  29. Also ich kann das Gejammer einiger Kommentatoren nicht mehr lesen. Da wird von Naivität der Bürger geschrieben, von der Mentalität des angeblichen „Kopf- in-den-Sand-stecken“ etc. pp..
    Und das ausschließlich aus dem Grund, damit die „Gier“ nach angeblichen Kampfeinsätzen, die Lust der Demonstration militärischer Macht einer Minderheit von Bürgern gestillt wird. Und das womöglich auch noch unter vorsätzlicher Missachtung der geltenden Rechtslage.
    Ich empfinde 56% Zustimmung zu Stabilisierungseinsätzen auch nicht als „große Mehrheit“, das reicht man gerade so. Ich vermute, das Bild ist durch die Pressearbeit der Bw entstanden. Jahrelang wurde der AFG-Einsatz als Brunnen Bohren und Mädchenschulen bauen verkauft. so etwas bleibt haften. Bei anderen Einsätzen ein ähnliches Bild. Das Wort „Kampf“ wird da erst gar nicht in den Mund genommen.

    Die politische Landschaft entspricht sicherheits- und außenpolitisch dem Befragungsergebnis. Die Mehrheit sieht DEU eben nicht als Weltpolizist in Lauerstellung, der seine Interessen mit militärischen Mitteln durchsetzt. Das wird gar nicht gewollt, das Ergebnis ist zu akzeptieren.
    Und wer mit der Politik der Regierung unzufrieden ist, der sollte sich mal die Positionen der Rechten und Linken dazu ansehen, dann weiß man, das man im Moment das Maximum des Machbaren hat.

  30. @Landmatrose3000
    „… – obwohl einige Kommentatoren sich dies offenbar wünschen würden. “

    Als Soldat ist man da natürlich „biased“. Ich mache mich vielleicht unbeliebt, aber aktive Soldaten sollte man zu Einsätzen nicht befragen. Denn: zum Selbstverständnis gehört eben der Einsatz. Er ist eine Abwechslung vom Tagesdienst am Standort, ist oft interessant, man kann das Gelernte anwenden, trifft Kameraden „aus aller Herren Länder“ und AVZ gibt es zudem. Und wie wir Einsätze derzeit führen sind sie auch – zum Glück – nicht weit überdurchschnittlich gefährlich.

    Dies gilt natürlich deutlich weniger für hochbelastete Spezialisten, die aber auch eher Probleme mit der Einsatzhäufigkeit und weniger mit der Tatsache an sich haben.

    Ob sie in jedem Fall sinnvoll sind? Nun ja, da sollte man lieber Sicherheitspolitiker fragen.

  31. Der Frieden ist der Ernstfall, die z.T. ideologische Traditionsdiskussion, Tiger „aus Sicherheitsgründen“ ohne Bordkanone, kein Schießen auf ausweichende Taliban, Hinweise in Diskussionen, daß wer kämpfen soll ja auch kämpfen wollen muß und, vieles mehr sind die passenden Gegenstücke in und aus der Bw zu diesen „zivilen“ Aussagen.
    Etwas unkameradschaftlich aber dennoch als Abschluß: Hat noch jemand das Gejammer der Alpha-Jet-Piloten vom JaBoGeschw 43 im Fernsehen in Erinnerung als sie zu Golfkriegszeiten 1991 in die Türkei verlegt werden sollten?

  32. @ Kai Wa sagt: 19.12.2019 um 3:30 Uhr

    Nein ich fordere nicht auf nur die zu befragen die sich auskennen, sondern ich zweifel den Wert einer Aussage an, die von jemandem getätigt wird, der die Materie nicht kennt.

    Wenn ich eine Person Frage die nicht weiß was ein Auto ist, ob Hersteller A oder B bessere Autos baut, bzw. welcher Antrieb von Ihm bevorzugt wird, kriege ich doch keine verwertbare Aussage heraus, außer die, dass der Befragte sich bei dem Thema nicht auskennt. Und wenn die Mehrheit der Befragten bei dem Thema erhebliche Wissenslücken hat, ist doch der ganze Sinn und Zweck dieser Frage gefährdet. Was will ich denn nun an Mehrwert daraus ziehen, außer dem Punkt, dass die Leute das Thema nicht kennen, bzw. nicht kennen wollen (denn alle notwendigen Infos dazu sind jederzeit frei zugänglich).

  33. Wollen sie das nicht verstehen?
    Um bei ihrem Beispiel zu bleiben:
    Man weiß dann, dass die Bevölkerung (!) den Hersteller A als den besseren Hersteller findet.
    Genau das ist eine Erkenntnis und es ist auch ein Mehrwert, denn dann weiß man, dass sich Hersteller A besser verkaufen lässt (oder eher gewünscht wird, weil „besser“).
    Vollkommen egal, ob er dann wirklich der bessere Hersteller ist oder nicht. Das ist der aktuelle Stand der Bevölkerung zu den Herstellern.
    Sie können doch nicht alle Deutschen in kurzer Zeit zu Experten machen (auf jedem Gebiet) und trotzdem hat jeder der 82.000.000 eine Meinung und dieses Meinungsbild sollte durch eine Umfrage abgebildet werden.
    „Die Einstellung der Bundesbürger zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ war das Ausgangsthema, nicht „Die Einstellung der Bundesbürger mit Expertise und Fachwissen zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik“.
    Jetzt weiß man eben, was der Durchschnitt will – und man kann demokratisch handeln.
    Ob man nun genau dem Wählerwillen entspricht (der sich ja teilweise widerspricht) oder ob man bessere Aufklärungsarbeit leistet (damit man eine differenziertere Meinung bekommt) oder ob man alles anders macht als vorher, ist dann die Aufgabe der gewählten Volksverträter. Die im übrigen auch nicht gewählt werden wollen durch Experten, sondern durch alle Deutschen.

  34. @Wa-Ge:

    Es geht darum, ein Meinungsbild der Bevölkerung zum Thema erstellen zu können. Ob diese Meinungen durch mangel an Fach- oder Allgemeinwissen zustande kommen, ist in erster Instanz vollkommen unerheblich; dass uninformierte Menschen auch Meinungen haben, sollte nicht überraschend kommen. Genau darum werden diese Wissensfragen ja gestellt, um die vorgefundenen Meinungen einordnen zu können.

    „[…] ich zweifel den Wert einer Aussage an, die von jemandem getätigt wird, der die Materie nicht kennt.“
    Nach dieser Logik müsste man ja bei der Frage, wer die nächsten vier Jahre Deutschland regieren soll, mindestens 85% der Bevölkerung ausschließen weil sie zwar Meinungen, aber keine Ahnung von der Materie haben.

    Und in anderer Hinsicht als den hier dargestellten Diagrammen finde ich durchaus Mehrwert in der Studie, wenn ich so beim Überfliegen einige Tabellen anschaue. Ein meiner Meinung nach interessantes Detail ist zum Beispiel, dass sicherheits- und verteidigungspolitisches Engagement innerhalb der EU mittlerweile stärker befürwortet wird als innerhalb der NATO oder innerhalb der UN.

  35. @ Wa-Ge sagt:
    19.12.2019 um 16:11 Uhr

    Wenn sie Politik, und das gilt auch für Verteidigungs – und Sicherheitspolitik, langfristig erfolgreich umsetzen wollen, macht es in der Demokratie schon sehr viel Sinn sich die grundsätzliche Unterstützung der Mehrheit der Wählerschaft zu sichern. Und um zu wissen, was die Wählerschaft so denkt, ist so eine Studie schon ein sehr sinnvolles Instrument – auch wenn es im Detail hier und da etwas zu mäkeln gibt.

    Der Ansatz, zum Besten des Volkes an dessen Mehrheit vorbei regieren zu wollen, ging bisher zu Recht noch immer schief.

  36. @ Jan Hofmann

    Zitat: „Etwas unkameradschaftlich aber dennoch als Abschluß: Hat noch jemand das Gejammer der Alpha-Jet-Piloten vom JaBoGeschw 43 im Fernsehen in Erinnerung als sie zu Golfkriegszeiten 1991 in die Türkei verlegt werden sollten?“

    Zu dem Golfkrieg 1991 und die Verlegung „Allied Mobile Force“ (AMF) in die Türkei (Diyabakir) gibt es tatsächlich noch ein paar unbekannte Fragen und Antworten als da wären :

    – hat man den Irak, bzw. Saddam Hussein bewusst in eine Falle laufen lassen, indem man ihm signalisiert hat, man werde bei einem Einmarsch in Kuweit weitgehend passiv bleiben (so berichtet Pierre Salinger, angesehener Journalist über den Golfkrieg und der Rolle von Madeleine Albright als damalige US-Botschafterin)
    – war ein Kriegsgrund, bzw. ein Grund für die Öffentlichkeit der USA für deren Kriegseintritt, die Entfernung der Brutkästen für Neugeborene im Krankenhaus von Kuwait durch irakische Soldaten. Wie sich Jahre später rausstellte war diese Geschichte eine Erfindung einer Londoner PR-Agentur um die Stimmung in den USA für einen Kriegseintritt gegen den Irak zu verstärken
    – war der Waffengang der USA und GB gegen den Irak eine gekaufte Abstimmung im Weltsicherheitsrat vorangegangen, wonach Kolumbien, als nicht ständiges Mitglied im Weltsicherheitsrat, mit der „Meistbegünstigungsklausel“ im Handel mit der USA gelockt wurde. Dieser Handelsvorteil soll einen Wert von 100 Mio Dollar gehabt haben. Erst durch diese gekaufte Abstimmung im Weltsicherheitsrat wurde es ein legaler Krieg.
    12 Jahre später haben die USA ja dann bekanntlich Massenvernichtungswaffen im Irak erfunden um den Krieg zu rechtfertigen !

    Des weiteren gab es noch kein Entsendegesetz für die Bw (was für den Nato-Partner Türkei aber auch nicht notwendig gewesen wäre), keine Aussage ob ein Angriff auf den Irak durch die USA und GB ein provozierter Bündnisfall für die Türkei darstellen könnte und von dem „Gejammere“ der Piloten aus Oldenburg, berichtete die Presse nur „das Fehlen von Kühlschränken“, aber nicht dass diese Piloten auch beklagten, dass an der Stadtmauer von Diyabakir reihenweise Personen in Todesstrafe durch den Strang hingerichtet wurden, komischerweise alles Kurden !

    [Und damit endet abrupt der Versuch, diesen Thread für einen solchen OT zu kapern. T.W.]

  37. @Landmatrose300:
    „Der Ansatz, zum Besten des Volkes an dessen Mehrheit vorbei regieren zu wollen, ging bisher zu Recht noch immer schief.“

    Sie beziehen sich wohl auf die Extremfälle vor 1945. Der NATO-Doppelbeschluss ist das Gegenbeispiel.

    Politik muss responsiv sein (also auf den Wählerwillen reagieren), aber auch durch demokratischen Diskurs Meinungen prägen.
    Die Balance zwischen beiden Polen fehlt immer mehr, da Zweiteres unbequem ist.
    Es wird immer mehr nur der kurzfristige (Wahl-) Erfolg gesehen. Dies hat immer mittel-
    und langfristig Effekte, da dieser Zeithirizont nicht betrachtet wird.

    Die Diskussion um bewaffnete Drohnen zeigt dies exemplarisch.

  38. Ich bin ob des Tons einiger hier (und im Twitter Kommentariat) doch überrascht. Die Art, wie hier der Durchschnittsdeutsche als unwissend und damit irrelevant abgekanzelt wird und ihm Bedarf für „politische Bildung“ andiagnostiziert wird hat ein bedenkliches Geschmäckle nach elitärer Verachtung. Und was wenn nach erfolgter „Bildung“ dann immer noch die große Mehrheit Kampfeinsätze ablehnt? Wird Otto Normalo dann entmündigt?

    Das ist wieder mal der Kardinalsfehler der Interventionsbefürworter: So zu tun, als seien die Deutachen ahnungslose Kinder, die man „bilden“ müsse und keine Erwachsenen mit der Fähigkeit eigene Schlüsse zu ziehen und Ansichten zu haben, so lange wird es keine Debatte geben. Solches „von oben herab“ Gehabe ist nämlich auch nicht hilfreich.

  39. @csThor
    Zum Thema „Interventionsbefürworter“ heute ein Beitrag auf ZEIT Online:

    „Manchmal muss man Krieg führen – Europa verweigert sich konsequent der Intervention. Das war lange richtig, doch kann es so bleiben? Während wir hadern, schaffen andere Tatsachen.“

  40. @ Kai Wa sagt: 19.12.2019 um 18:52 Uhr

    „Man weiß dann, dass die Bevölkerung (!) den Hersteller A als den besseren Hersteller findet.“

    Das ist schön und gut, trotzdem hat diese Meinung null wert, weil die Bevölkerung gleichzeitig sagt, dass sie keine Ahnung hat was ein Auto ist und die Hersteller nicht kennt. Ergo die Meinung ist nicht fundiert. Und solche Meinungen haben eine sehr sehr kurze Halbwertzeit, weil sie Gefahr laufen sich sofort zu ändern sobald eine Erkenntnis eintritt, sprich wenn der Befragte sich über das Thema informiert.

    Genau hier liegt doch auch die Aufgabe der repräsentativen Demokratie. Diese soll eben dem Volk nicht dauernd auf den Mund schauen, sondern soll den Wählerwillen für eine gewisse Zeit vertreten. Weil Max Mustermann keine Lust, Zeit oder Fähigkeiten besitzt um sich mit einem komplexen Thema zu befassen, was Sicherheitspolitik sicherlich ist, darum machen es bei uns eben die Volksvertreter. Und wenn Max dann doch Lust verspürt und sich die Zeit nimmt, dann wird er sich auch qualifiziert dazu äußern, dann soll auch er gehört werden, egal ob er nun pro oder contra ist. Denn dann begründet er seine Meinung auf Wissen. Aber man muss Max nun wirklich nicht zuhören wenn er sich nicht mal die Zeit nimmt sich mit dem Thema zu befassen (egal wie tief) bevor er seine unqualifizierte Meinung äußert.

  41. @Wa-Ge sagt: 20.12.2019 um 14:44 Uhr
    „Und solche Meinungen haben eine sehr sehr kurze Halbwertzeit, weil sie Gefahr laufen sich sofort zu ändern sobald eine Erkenntnis eintritt, sprich wenn der Befragte sich über das Thema informiert.

    Genau hier liegt doch auch die Aufgabe der repräsentativen Demokratie“

    Zustimmung. Wer glaubt politisch gewichtige Entscheidungen sollten aufgrund von Umfragen erfolgen läuft dem Trend immer nur hinterher, aber geht nicht die wirklichen Probleme an. Gerade bei langfristigen Fragen wie der Sicherheits-/Außen-/Verteidiungspolitik bedarf es übergreifender Entscheidung auf fachlich fundierter Basis… Gerade für so eignet sich eine repräsentative Demokratie im besonderen Maßen.

  42. @ Thomas Melber

    Danke für den Link. Gelesen und dennoch widerspreche ich dieser Sichtweise scharf.

    Manchmal muss man Krieg führen – Europa verweigert sich konsequent der Intervention.

    Richtig (zum ersten Halbsatz). Nur für manche (wie mich) ist der einzige Zeitpunkt, wo „man Krieg führen muss“ der, wo man selbst oder ein Verbündeter klar militärisch von einem staatlichen Akteur auf eigenem Territorium attackiert wird. Ich bin nun wahrlich kein Pazifist á la „die andere Wange auch hinhalten“, aber dieser Interventionsdenke kann ich dennoch nichts abgewinnen. Zwanzig Jahre Intervention mit grottenschlechten Resultaten, zig Leben zerstört und Unsummen verbraten und nichts hat sich irgendwie irgendwo verbessert … Und obendrein bin ich Zyniker. Einerseits ist die Menschheitsgeschichte fast von Anfang an von Massakern und Enmität geprägt und zwar aus den unterschiedlichsten (und teils verwunderlichsten) Gründen (Stichwort „Fußballkrieg“). Daran wird sich auch weiter nichts ändern – wenn sich zwei Gruppierungen (ethnisch, politisch, religiös or whatever) gegenseitig an die Kehle wollen dann werden die das auch weiterhin tun. Und zweitens sind mir die Apostel der „Verantwortung“ suspekt … Derartige Rhetorik erinnert mich zu sehr an geschichtliche Vorbilder („White Man’s Burden“ uns solcher Quatsch) als das ich mich dafür begeistern könnte. Und zuguterletzt halte ich Politiker (vor allem im Hinblick aufs Militär) an einer sehr kurzen Leine. Unsere aber auch die anderer Staaten.

    @ Wa-Ge & Koffer

    Mit derartiger Herablassung ist es kein Wunder, wenn der Graben zwischen Gesellschaft und Militär immer weiter wächst. Politik nach „ordre de mufti“ funktioniert in einer Demokratie nämlich trotz allem nur begrenzt … nämlich (im Idealfall) bis zur nächsten Wahl. Wer eine so fundamental andere Politik machen will, der muß sie erst mal propagieren, sie begründen und dem Wähler nahebringen … sonst bleibt sie entweder ein Rohrkrepierer oder derjenige wird an der Wahlurne abgestraft. Und bevor man hier mit „Faulheit“ kommt … vier Jahrzehnte Verfassungspraxis untermauert von der ewig gleichen Rhetorik sind ein Fundament, auf der die „Kultur der militärischen Zurückhaltung“ stabil steht und nunmehr seit nunmehr dreißig Jahren allen Allüren ihrer Beseitigung trotzt. Dies nur auf „Unwissenheit“ oder „Desinteresse“ zu schieben ist IMO nichts als schlimmstenfalls ein elitistisch-verquaster Überlegenheitskomplex und bestenfalls ein Fall von „beleidigter Leberwurst“. Auch diese Trotzreaktion ist nicht hilfreich und ein weiterer Baustein in der Mauer, die eine echte Grundsatzdebatte zu dem Thema verhindert.

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